Der folgende Aufsatz über den „Aberglauben Homöopathie“ ist ein Gastbeitrag von Dr. Theodor Much.

Wer fragt, ist ein Narr für fünf Minuten. Wer nicht fragt, bleibt ein Narr für immer (aus China)

Die Natur macht keine Sprünge (Aristoteles)

Jeden Abend ein bißchen Nichts ist eine ausgezeichnete Medizin (Michel Piccoli)

Alternativmedizin (und dazu zählt auch die „Homöopathie“) ist „in“ wie nie zuvor und gleichzeitig ein äußerst lukratives Geschäft.

Ohne auf die vielen bereits bekannten wissenschaftlichen Kontrollstudien einzugehen, die eindeutig zeigen, daß Homöopathie nur Placebo ist (siehe auch: „Der veräppelte Patient: Alternativmedizin zwischen (Aber-) Glauben und Wissenschaft“, Edition va bene 2003 und „Aberglaube und Astrologie: Was taugen Horoskope?“, Edition va bene 2007) will ich an Hand von logischen Überlegungen und Schlußfolgerungen zeigen, daß Homöopathie gleich Aberglaube ist.

Die (auch heute noch gültigen) Grundannahmen der Homöopathie lauten:

1. Das Prinzip „similia similibus curentur“ wurde durch das berühmte Chinarindenexperiment von Hahnemann begründet.

2. Die wichtigste Voraussetzung zur erfolgreichen homöopathischen Behandlung (zit.: Homöopathisches Repetitorium der Deutschen Homöopathischen Union) bleibt die konsequente Anwendung der homöopathischen Arzneimittellehre nach dem Ähnlichkeitsprinzip. Die klassische Vorgangsweise lautet: Feststellung des Konstitutionstyps (Konstitutionstypen in Analogie zur antiken 4-Säftelehre), Beurteilung der Art und Lokalisation des Symptoms (z. B. Schmerz), Fragen nach Modalitäten (verschlimmernde und bessernde Einflüsse, z. B. Kälte), Bestimmung des Leitsymptom (z. B. Furcht, brennende Charakter und Periodizität aller Beschwerden) und Feststellung der Anfälligkeiten (z. B. Migräne, Regelstörungen).

3. Auf diese strenge und genaue Vorgangsweise („Arzneifindung durch Anamnese“) sind die Homöopathen stolz, sie betonen auch mit dieser Argumentation ihre Überlegenheit über die sog. Schulmedizin (ein Schimpfwort, das auf den Homöopathen Franz Fischer – 1876 – zurückgeht).

4. Ein Grunddogma der Homöopathie lautet (zit.: M. Dorcsi: „Handbuch der Homöopathie“): Durch Dynamisieren (Potenzieren) einer Ursubstanz („das geistige Wesen der Ursubstanz manifestiert sich im Lösungsmittel“) kann die Dosis der Arznei verkleinert werden, wobei aber ihre Wirkung zunimmt (also: „je stärker verdünnt, desto größer die Wirkung“)

5. Hierarchien: Die Behauptung lautet: „Die Heilung schreitet fort von oben nach unten, von innen nach außen und vom wichtigsten Organ hin zum weniger wichtigen Organ“ (die Haut ist demnach das „unwichtigste Organ).“

6. Homöopathen verwenden vorwiegend „Naturprodukte“, die alle unbedenklich (weil gering dosiert) sind. Homöopathie ist nie schädlich.

7. Ein Beweis für die „Wirksamkeit“ der Homöopathie ist die offensichtliche Wirksamkeit selbst bei der Behandlung von Tieren und Kleinkindern.

8. Homöopathie ist eine Erfahrungswissenschaft.

9. Die Arbeiten von Benveniste haben gezeigt, daß die Grundannahmen der Homöopathie stimmen.

10. Homöopathie ist mehr als Placebo und hat mit Esoterik (auch Astrologie) nichts zu tun.

Wie seriös sind all diese Ansprüche der Homöopathen? Ist die Homöopathie mehr als nur ein Placebo? Meine Antwortet lautet: eindeutig nein, wie im folgenden gezeigt wird.

ad 1.: Hahnemann glaubte mit Chinarinde (ein Mittel gegen Malaria) Fieber erzeugen zu können. Im Selbstversuch beschrieb er laut M. Dorcsi (allerdings ohne Fieber zu messen) folgende Symptome: „Herzklopfen, Pulserhöhung, Röte der Wangen, Durst und Klopfen im Kopf (er beschrieb also die klassischen Fiebersymptome ohne Fieberschauer).“ Dieses grundlegende Experiment von Hahnemann konnte von unabhängiger Seite noch nie bestätigt werden. Chinarinde erzeugt eindeutig kein Fieber. Im übrigen ist die Tatsache, daß er ausdrücklich zugibt, „keine Fieberschauer bekommen zu haben“ ein Beweis dafür, daß das Ähnlichkeitsprinzip hier nicht funktionierte, weil die Malaria ja charakteristischerweise Fieberschauer erzeugt. Hahnemanns Trugschluß wird heute als klassischer „Noceboeffekt“ beschrieben. Im übrigen sah Hahnemann auch im Kaffee, Pfeffer und Branntwein „fiebererzeugende“ Substanzen.

ad 2. Wer klassische Homöopathie betreibt, muß sich an die Grundregeln der Homöopathie halten, ansonsten ist eine „Arzneifindung“ nicht möglich. Die meisten Menschen, die von der Homöopathie überzeugt sind, haben nie einen Homöopathen besucht; sie erhielten ihr Medikament direkt vom Apotheker oder kauften es auf Empfehlung von Nichthomöopathen (im allgemeinen bekamen sie sogar nur sogenannte Komplexmittel, die ja von klassischen Homöopathen abgelehnt werden). Doch auch solcherart eingenommene Pseudo-Homöopathica, „wirken“ hervorragend, was nur beweist, daß Placebo oft wirksam ist.

ad 3. Die Behauptung, daß „Schulmediziner“ das Gespräch mit dem Patienten vernachlässigen, stimmt leider manchmal, aber das ist nicht die Regel. Die „Schulmediziner“ pauschal zu verdammen, ist Überheblichkeit pur. Im übrigen ist der Ausdruck „Schulmedizin“ ein Schimpfwort, das auf einen Homöopathen namens Franz Fischer (1876) zurückgeht.

ad 4. Das homöopathische Dogma vom „Potenzieren“ ist eine gewaltige Schwachstelle der Argumentation der Homöopathen und somit ein wichtiges Argument gegen die Homöopathie. Denn wenn es wirklich stimmt, daß „je stärker verdünnt (potenziert, dynamisiert) die Wirkungen und Nebenwirkungen zunehmen“, dann müßte jeder Patient, der solch ein Hochpotenzmittel einnimmt, auf der Stelle tot umfallen. Deswegen tot umfallen, weil beim Potenzieren ja alle Verunreinigungen, die sich in der Wirksubstanz, im Gefäß und in den diversen Grundsubstanzen (Wasser, Alkohol und Milchzucker) befinden, beim Herstellungsprozeß der Arznei mitpotenziert werden. Es sind vielfältige (und stets wechselhafte) Verunreinigungen, wie u. a.: organische Substanzen, Schwermetalle und viele anorganische Moleküle, manchmal nur in Spuren. Kein Therapeut kann auch nur ansatzweise wissen, was hier so alles mitpotenziert wird.

Dazu ein konkretes Beispiel: Hepar sulfuricum (kommt zur Anwendung bei chronischen Eiterungen) wird aus der Austernschale gewonnen. Doch daß sich in der Austernschale (in Abhängigkeit vom Fundort) eine Menge Einschlüsse befinden, kann wohl niemand leugnen. Stimmt nun die Theorie vom Potenzieren, dann würden all die unerwünschten und unbekannten Atome und Moleküle, die sich sowohl in der Grundsubstanz als auch in der „Arznei“ befinden, mitpotenziert werden und ihre guten und bösen „Energien“ gewaltig entfalten. Wie soll nun die Ursubstanz wissen, welche Atome potenziert werden dürfen und welche nicht?

Das Argument, daß „auch in den Arzneien der Schulmedizin Verunreinigungen vorkommen, die aber nicht zu Nebenwirkungen führen“, ist unsinnig, weil lt. Homöopathen durch das Potenzieren auch geringer Mengen an unerwünschten Atomen eine große Wirkung erzielt wird. Glücklicherweise bewirkt aber das Potenzieren überhaupt nichts; der Patient überlebt! Davon kann sich jeder von uns überzeugen, der eine Hochpotenz eines beliebigen homöopathischen Mittels im Selbstexperiment einnimmt.

Bemerkenswert ist auch, daß beim Potenzieren auf beispielsweise D20 (1:10 hoch 20), kein Atom der „Wirksubstanz“ sich in der Arznei mehr nachweisen läßt. Hier kann ein Vergleich mit der „Wirksamkeit“ von einer Tablette Aspirin, verdünnt im Gesamtwasser des Atlantik, herangezogen werden.

ad 5. Hierarchien: Homöopathen lieben „Hierarchien“ (siehe oben).
Diese Hierarchien, die „von oben nach unten und vom wichtigeren zum weniger wichtigen Organ“ verlaufen, sind extrem unsinnig. Eine der typischen unsinnigen Behauptungen lautet beispielsweise: „Die Haut ist weniger wichtig als Gallenblase oder Milz“. Sie fußen auf einem längst überholten Weltbild. In diesen Hierarchien spielt die „heilige“ Zahl 10 (siehe Astrologie, Kabbala etc.) eine wichtige Rolle. Es existieren 10 Hierarchien der Organe und ebenso viele Hierarchien der Emotionen. Die Denkweise entspricht dem „senkrechten Weltbild“ der symbolischen Astrologie.

ad 6. Homöopathen verwenden vorwiegend Naturprodukte (wenn auch nicht immer), doch der Schluß „Natur ist immer gesund“ ist Unsinn. Auch in der Natur gibt es genügend für den Menschen schädliche Substanzen. Bis heute verwenden Homöopathen (nicht nur in Hochpotenzen) nachweislich schädliche Stoffe, wie etwa Quecksilber, Blei und Aristolochia, eine „Heilpflanze“ aus der chinesischen Medizin, von der man heute weiß, daß sie auch in geringer (und über lange Zeit eingenommen) Dosis Nierenkrebs erzeugt.

ad 7. Das beliebte Argument von der „Wirksamkeit der Homöopathie bei Tieren und Kleinkindern“ ist ein Schuß, der nach hinten losgeht. Denn (siehe Punkt 2) wer „erfolgreich“ Homöopathie betreiben will, muß sich streng an die oben erwähnten Regeln halten. In der diagnostischen Homöopathie ist das Krankheitssymptom (Leitsymptom, Modalitäten etc.) von zentraler Bedeutung. Doch es existiert kein Tierarzt oder Homöopath, der mit Tieren oder Babys die für die Arzneifindung notwendigen langwierigen Gespräche führt (führen kann). Selbst die „Konstitution“ kann bei Tieren und Kleinkindern nicht bestimmt werden. Die Schutzbehauptung der Homöopathen, daß „die Tierbesitzer oder die Eltern dem Homöopathen die nötige Information liefern können“, entspricht absolut nicht der medizinischen Realität.

Wenn nun die Gabe von Globuli oder Tinkturen (wie oftmals behauptet wird) hier „hilft“, dann ist das vor allem das Ergebnis einer pseudohomöopathische Behandlung, die mit der klassischen Homöopathie wenig gemeinsam hat. Oftmals sind es sogar nur eingenommene Komplexmittel, die von klassischen Homöopathen abgelehnt werden. Gibt es einen besseren Beweis dafür, daß wir in so einem Fall Zeugen einer erfolgreichen Placebobehandlung geworden sind?

Doch Behandlungen mit Placebopräparaten (die bei harmlosen Erkrankungen auch in der „Schulmedizin“ ihren gebührenden Platz haben), sind bei lebensbedrohenden Erkrankungen eine große Gefahr für den Patienten. Denn der mögliche Zeitverlust infolge nutzloser Therapien kann über Leben oder Tod entscheiden.

ad 8. Die Berufung auf die „Erfahrung der Alten“ ist kein hieb- und stichfestes Argument für irgend etwas. Denn daß sich die Alten oftmals geirrt haben (siehe: geozentrisches Weltbild), ist Tatsache und Teil der Menschheitsgeschichte.

ad 9. Der oft zitierte Benveniste wurde als unseriös enttarnt. Nicht zufällig erhielt er vor einigen Jahren den Anti-Nobelpreis für wissenschaftliche Fauxpas zugesprochen.
All seine Arbeiten (mit denen Homöopathen beweisen wollten, daß am Potenzieren „etwas dran“ ist) waren methodisch falsch. Auch das angebliche Wassergedächtnis konnte nie nachgewiesen werden. Um den Schein der „Wissenschaftlichkeit“ zu wahren, werden von homöopathischer Seite immer wieder wissenschaftliche Untersuchungen zitiert, die sich aber beim näheren Hinsehen als untauglich erweisen. Es sind vielfach sog. Metaanalysen, mit deren Hilfe man alles und nichts beweisen kann.

ad 10. Sämtliche Kontrolluntersuchungen durch neutrale Prüfer (manchmal unter Mitarbeit von Homöopathen) zeigen, daß Homöopathie nicht besser als Placebo wirkt.

Was aber weniger bekannt ist, ist die Tatsache, daß Homöopathie eine esoterische Pseudowissenschaft ist. Die Übereinstimmungen zwischen Homöopathie, Astrologie und Numerologie (auch Kabbala) sind evident.

Dazu einige Beispiele:

Gleicher geistiger Background, gleiche Terminologie (bei Hahnemann nachzulesen): „Uridee, Archetypen, geistiges Wesen der Ursubstanz, Urgrund, Urübel = Erbsünde (Miasma), kosmische Urkraft“ etc. (gemeint ist der Schöpfer, die Schöpfung, Urgrund Gott).

Das „senkrechte Denken“ der symbolischen Astrologie („die Uridee durchzieht alle Ebenen von oben bis unten, im Sinne von wie oben so auch unten), manifestiert sich eindrucksvoll in der Homöopathie („Heilung von oben nach unten“ und 10er-Hierarchien).

Gemeinsame „heilige Zahlen“: die 12 (Sternbilder, Tierkreiszeichen, Häuser, 12-Götterkollegium der Griechen und Germanen, 12 Apostel, 12 Stämme, 12 Modalitäten der Arzneifindung), die 10 (10 Planeten der Astrologie, 10 Sefirot – als „Manifestationen Gottes“, 10 Gebote, 10 Stämme, 10 Organ- und Emotionshierarchien der Homöopathie); die 4 (4 Elemente, 4 Säfte, 4 Himmelsrichtungen, 4 Quadranten des Horoskops, 4 Konstitutionstypen); die 5 (5 chinesische Elemente, 5 als die Zahl Jehovas in der Kabbala, das Pentagramm als Symbol der Gesundheit und zur Abwehr von Dämonen im Mittelalter; die homöopathische Dosiseinheit 5 ist möglicherweise davon abgeleitet).

Bemerkenswert ist auch die Übereinstimmung der Analogien zwischen astrologischem Götterglauben (Jupiter, Mars und Co) und der Homöopathie. Ein Beispiel: Das Sternbild Widder wurde in der Antike (und in der Astrologie) mit dem Kriegsgott Mars in Verbindung gebracht. Der rote Planet Mars wird in der Astrologie mit Blut, Feuer, Wildheit, Schrecken etc. in Analogien verbunden (siehe: spirituelle Eigenschaften der Planeten und Tierkreiszeichen). Es folgt daraus die Analogie: „Mars … Element Feuer, Farbe rot, Organe, Blut, Blutgefäße, feurige Entzündungen, Marspflanzen“. Es ist kein Zufall, daß Erkrankungen, die mit heftigen, akuten fiebrigen Symptomen einhergehen und Blutungen bzw. Blutstau von der Homöopathie mit „Marspflanzen“ (Aconitum, Allium cepa, Belladona etc.) therapiert werden. Die Liste dieser Beispiele ließe sich beliebig fortsetzen.

Schlußfolgerung: Homöopathie ist eine esoterische Behandlungsmethode (mit Wurzeln im Götterglauben der Antike). Die Homöopathie ist ein dogmatisches, in sich geschlossenes Denksystem, das sich (im Gegensatz zur Naturwissenschaft) nie selbst in Frage stellt. Die Befürworter und Nutznießer der Homöopathie verhalten sich ähnlich wie religiöse Fundamentalisten. Kritiker werden mit allen Mitteln bekämpft und man sieht sich stets in der Opferrolle.

Die „Wirksamkeit“ der Homöopathie entspricht der eines (teuren) Placebos. Homöopathie und Aberglaube sind miteinander untrennbar verbunden.

Dr. Theodor Much